Nach rund zwei Monaten Wartezeit, der Lektüre von unzähligen Rezensionen, Foren-Beiträgen und dem Durchstöbern von Flickr-Fotos bestellte ich mir bei Amazon eine langersehnte Fujifilm X100T. Die Ausführung in Silber. Hier möchte ich meine frischen Eindrücke von dieser Kamera schildern.
Ich lief schon lange mit der Idee schwanger, mir für unterwegs und für Reisen eine Zweitkamera anzuschaffen. Irgendwo im Netz las ich über die angeblich sagenhafte Bildqualität der spiegellosen Fuji-Kameras. Der Blogger auf jener Seite ging so weit zu behaupten, vom Vollformat auf APS-C umsteigen zu wollen. So richtig glauben konnte ich das nicht, wurde aber neugierig und begab mit auf Recherche. Überrascht von so vielen positiven Bewertungen bei Amazon, fiel meine Wahl auf X-T1 mit einem 18-135mm-Objektiv. Ich fügte die Kamera zu meiner Wunschliste hinzu und dann geriet sie für ein paar Monate in Vergessenheit. Nicht zuletzt des stolzen Preises wegen für fast 1.700 Euro!
Vor circa zwei Monaten stolperte ich zufällig wieder über eine Fuji und die Besitzergreifung packte mich wieder. Als meine Ziele konkreter wurden – nämlich Kompaktheit -, verwarf ich schnell das Konzept X-T1. Sie mag eine wunderbare Kamera sein, insgesamt kleiner und leichter als meine Nikon D7000 , aber für eine Immer-dabei noch zu klobig und zu schwer.
Als Alternative fasste ich eine X-T10 ins Auge. Sie ist kleiner und leichter als die X-T1, hat ein schickes Retro-Design und ist beim gleichen Sensor wie die X-T1 deutlich günstiger. Das Gehäuse für 699,- Euro fast schon ein Schnäppchen! Bei dem günstigen Gehäusepreis suchte ich mir ein recht teueres Objektiv aus – nämlich das Fujinon XF-23mm F1.4 R für 899,- Euro. Die hochgelobte optische Abbildungsleistung bereits bei Offenblende von F1.4 war mir das Geld wert. Beispielfotos bei Flickr bewiesen die durchweg positiven Amazon-Rezensionen. Der Kaufwunsch war schon besiegelt, bis ich in einer Rezensionen von einer Alternative zur X-T10 las – der Fujifilm X100T .
Eigentlich war ich schon derart in das Konzept und das Design der X-T10 verliebt, dass ich kaum eine andere Kamera wahrnahm. Doch die kleine X100T fiel mir doch auf. Sie war noch kleiner als die X-10, hatte ein kleines, fest verbautes Objektiv und war eigentlich … eine Kompaktkamera. Kann eine Kompaktsucherkamera überhaupt eine Alternative zu einem Kamerasystem mit Wechselobjektiven darstellen? Ganz klar – sie kann!
Fujifilm X-T10 vs. X100T
Nun begann ich die Pros und Kontras der beiden Modelle gegeneinander abzuwiegen.
Vorteile der X-T10
- Body mit Wechselobjektiven
- Ein exzellentes, sehr lichtstarkes Objektiv, das XF-23mm F1.4 R
- Klappbares Display
- Schicker Retro-Style
Nachteile der X-T10
- Größer und schwerer als die X100T
- Beim wechseln der Objektive kann Staub auf den Sensor gelangen
- KO-Kriterium: Keine geeignete Leder-Fototasche für X-T10 mit dem 1.4-Objektiv
Vorteile der X100T
- Klein, handlich und leicht
- Verschlusszeit von bis zu 1/32.000 Sekunde!
- Eingebauter ND-Filter
Nachteile der X100T
- Objektiv mit einer Offenblende von „nur“ 2.0
- Weniger Direktzugriffstasten/Einstellräder
Alle weiteren technischen Merkmale beider Kameras sind identisch.
Es tut vielleicht nichts zur Sache und mag sich womöglich hipstermäßig anhören, aber zu einer schicken Retro-Style-Kamera wollte ich eine entsprechende Ledertasche haben. Eine in Braun! Einfach aus Nostalgie. Neben den kleinen Abmessungen war das einer der wichtigsten Punkte für meine Entscheidung zugunsten der X100T.
Der einzige Nachteil bei der X100T, vom fehlenden klappbaren Display abgesehen, war das etwas lichtärmere Objektiv mit einer Blendzahl von 2.0. Testfotos und die vielen Berichte im Internet schienen jedoch sehr überzeugend und nach einigem hin und her bestellte ich sie mir. Zusammen mit der 75 Euro teueren Originaltasche LC-X100S .
Erste Eindrücke:
Ich habe bis dato die X100T noch nicht in der Hand gehalten und war zunächst doch über die Größe überrascht. Irgendwie habe ich sie mit etwas kleiner vorgestellt. Sie ist etwas kleiner als der Body meiner Nikon D50 ohne Objektiv. In die Jackentasche, wie in einer Amazon-Rezension gelesen, passt sie ohne weiteres nicht rein. Würde ich auch nicht tun. Ich hätte Angst, die wertige, edle Oberfläche zu zerkratzen.
Das Gehäuse der X100T ist aus solidem Druckguss-Magnesium gefertigt. Dem Leder nachempfundene Kunststoffoberfläche ist leider etwas glatt. Ich hätte mir etwas Griffigeres gewünscht. Da die Kamera sowieso immer in der mitbestellten Halb-Tasche drin steckt, ist es nicht weiter schlimm. Die Kamera ist unglaublich schick und sexy. Im braunen Ledercase wirkt sie, als hätte man eine Zeitreise 30, 40 Jahre zurück in die Vergangenheit unternommen.
Nach dem Auspacken möchte man die Kamera am liebsten gleich ausprobieren. Geht jedoch nicht, der Akku muss aufgeladen werden. Und das dauert … und dauert. Nach gefühlt etwas mehr als zwei Stunden brach ich den Ladevorgang ab und nahm den Akku raus, steckte ihn in die Kamera ein und schaltete sie ein. Es geschah nichts. Leise Panik ergriff mich. Habe ich etwa ein defektes Exemplar erwischt? Ich machte die Batterieabdeckung auf und überprüfte die Lage der Kontakte. Klar, hab den Akku falsch herum eingelegt. Finde ich schade, dass Fujifilm nicht eine spezielle Akkuform designt hat, um das Falscheinlegen zu verhindern.
Das Benutzerhandbuch zur Kamera ist verhältnismäßig klein und dünn. Neben dem 325 Seiten starken Handbuch für meine Nikon D7000, das die Bezeichnung Taschenbuch zu Recht verdient, implizieren die vier Dutzend Seiten der Fuji im minimalistischen A6-Format eine gewisse Simplizität des Produkts. Doch weit gefehlt. In dem kleinen Retrogehäuse steckt jede Menge modernster Technik.
Nun ging es zum eigentlichen Test der Kamera. Leider mangelt es der X100T an Direktzugriffstasten. Es gibt ein Wahlrad für ISO und eins für die Belichtungskorrektur. Die Blende wird, wie zu Analogzeiten, am Objektiv verstellt. Die vier Drehkreuztasten sowie die Fn-Taste lassen sich individuell belegen. Das war’s. Ach ja, und vorn noch, seitlich über dem Objektiv, befindet sich ein Umschalthebel für den optischen oder den elektronischen Sucher (wo sich bei vielen analogen Kameras der Hebel für den Selbstauslöser befand). Das macht das Arbeiten mit dieser Kamera langsamer als mit einer DSLR der Klasse D7000 und darüber. Das wusste ich aber schon vorher. Viele Fotografen lobten gerade dieses langsame Arbeiten als etwas Besonderes und Kreatives. Wie zu Analogzeiten. Diese Begeisterung (was das langsame Arbeiten angeht!) kann ich nach knapp einer Woche mit der Kamera nicht teilen. Ich vermisse schmerzlich ein Wahlrad für ISO und eine Taste für den Blitz. Vielleicht kann man sie noch vernünftig anderen Tasten zuweisen. Wird sich in Zukunft zeigen.
Als eingefleischter Nikon-User fand ich die Bedienung etwas gewöhnungsbedürftig. Doch bereits am zweiten Tag fand ich mich damit schon sehr gut zurecht. Das Menü ist zwar sehr lang, doch es gibt unter der Taste Q (Quick?) ein Schnellmenü, in dem sich viele wichtigen Funktionen einstellen lassen. Nicht so schnell wie bei einer DSLR, aber um Welten schneller als bei gewöhnlichen Sucherkameras.
Spätestens beim Blick durch den Sucher merkt man der Kamera ihre Komplexität an. Durch das optische Sucherbild werden mittels eines integrierten Prismas und LCD-Elements elektronische Informationen eingeblendet. Sehr praktisch finde ich den Sensor, der das LCD-Display ausmacht, wenn man die Kamera an das Gesicht nähert. Bei allen elektronischen Hilfsmitteln merkt man es trotzdem, dass es eine Sucherkamera ist – man sieht einen Stück vom Objektiv durch den Sucher. Für einen jahrelangen DSLR-Nutzer ein total ungewohntes Bild! Aber … sobald man auf die Hybridansicht schaltet, sieht man im Sucher ein hundertprozentiges Live-View vom anvisierten Ausschnitt. Ohne das störende Objektiv und mit voreingestellten Filsimulation. What you see ist what you get! Der Hybridsucher ist eine unglaubliche Innovation. Bei Sonnenschein habe ich die Kamera noch nicht benutzt, aber bei spärlicher Zimmerbeleuchtung ist der Hybridsucher eine echte Hilfe.
Den oft bemängelten Autofokus in schlecht beleuchteter Umgebung kann ich nicht nachvollziehen. Der Autofokus sitzt immer richtig, wo meine Nikon D7000 mit dem 35mm-Nikkor 1.8G schon längst pumpt. Übrigens, wenn man auf die Hybrid-Anzeige umschaltet, fokussiert die Kamera deutlich schneller.
Bildqualität
Die Bildqualität beschreibe ich mit einem Adjektiv: superb! Sehr natürlich wirkende Farben, eine fantastische Bildwiedergabe. Kein Unterschied zu Nikon D7000 bei den ersten Testaufnahmen im dämmerigen, spärlich beleuchteten Zimmerlicht. Die Aufnahmen der Nikon waren alle zu gelbstichig. Nicht so die Fuji.
Bei Offenblende erscheinen die Bilder etwas zu matschig. Hat mich zunächst etwas beunruhigt. Jedoch bereits bei Blende 4.0 sind die Aufnahmen scharf wie eine Rasierklinge. Die Unschärfe ist wohl in der Konstruktion der Linse und der Physik des Lichts begründet und macht sich nur bei Nahaufnahmen bemerkbar. Bei Landschaftsaufnahmen sind die Bilder bereits bei Offenblende recht scharf (s. Bild rechts). Ich werde demnächst dieser Frage nachgehen. Auffallend ist das wunderbare Bokeh für solch eine leicht weitwinkliche Brennweite.
Auch bei höheren ISO-Werten sind die Aufnahmen sehr rauscharm. Bis ISO 800 ist das Rauschen praktisch gar nicht bemerkbar, bis 1600 moderat und bis 3200 noch vertretbar. 6400 ist, je nach Situation, auch noch brauchbar. Ich werde mich in einem anderen Beitrag den ISO-Werten widmen.
Weitere Features
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Erschütterungsfreies Auslösen, da kein Spiegelschlag.
- Automatisches Einblenden der Parallaxekorrektur im Display.
- Zehn verschiedene Simulationen von klassischen Fuji-Analogfilmen. Die Ergebnisse sehen brillant aus.
- Fujifilm-X-Trans-Sensor, der laut Fuji die Auflösung von Vollformatsensoren erreichen soll.
- Serienbildfunktion mit bis zu 6 Bildern pro Sekunde.
- 60fps HD Videos mit wahlweise verfügbaren Filmsimulationen
- Eingebaute WiFi-Funktion. Es Können nicht nur Bilder ausgelesen werden. Mit der kostenlosen App von Fuji Cam Remote kann die Kamera mit LiveView ferngesteuert werden.
Fazit
Die Fujifilm X100T ist eine winzige Schönheit mit wunderbaren inneren Werten. Ich bin mir ganz sicher, es ist der Beginn einer großen Liebe. Ob ich weiterhin noch mit meiner Nikon fotografieren werde?
Nachtrag
Als Alternative zum schlechten Druck-Handbuch gibt es auf der Fuji-Seite eine digitale Onlinefassung . Wahlweise als html- oder pdf-Versionen.
Hallo Eugen,
Glückwunsch zum Kauf und viel Spaß mit der X100T 😉
Einfach Kamera einpacken und los legen – jeden Tag 😉
LG
Jing
Hallo Jing,
vielen Dank! Ja, das mache ich Kann mich nicht genug an der Kamera erfreuen. Ich denke jetzt allen Ernstes nach, meine Nikon D7000 zu verkaufen. Und hole mir stattdessen noch eine X-T10 … oder ein Nachfolgemodel. Um es auf den Punkt zu bringen: Diese Fujifilm-Kameras sind einsame Spitze!
LG
Eugen
Hallo Eugen,
also meine Canon 7D ist mehr im Kamera-Rucksack, als draußen. Ich verwende sie nur ganz selten, z.B. wenn ich mal Sport-Events aus der Laune (und Abwechslung) heraus fotografiere – wegen Teleobjektiv 😉
Aktuell habe ich sie seit 3 oder 4 Wochen + Objektive und Blitz verliehen und ich vermisse sie nicht.
Aber so ganz verkaufen will ich sie aus den o.g. Gründen auch nicht. 😉
Hallo Jing,
das ist erstmal nur so ein Gedanke. Ein Teleobjektiv habe ich nicht, und die Qualität der D7000 steht in keinem Verhältnis zur X100T. Man mag es kaum glauben, es ist aber so. Selbst die Aufnahmen, die ich mit meinem schärfsten Objektiv, dem Micro-Nikkor 40mm 1:2,8G, gemacht habe, reichnen nicht an die der X100T heran. Ich werde bei Gelegenheit ein paar Vergeichsaufnahmen machen einen einen Artikel in Form von Nikon D7000 vs. Fujifilm X100T posten.
Auf meinen externen Blitz will ich nicht verzichten. Ich fotografiere, da wo es geht, mit meinem Nikon SB-700. Der kommuniziert wunderbar mit meiner X100T.
LG
Eugen