Bildrecht

Im Internetzeitalter sollten sich nicht nur Fotografen mit dem Recht rund um Fotografie beschäftigen. Fast jeder, der diesen Beitrag liest, ist in irgendeiner Form im Internet aktiv: man hat ein Konto in sozialen Netzwerken, lädt Fotos in Fotocommunities hoch oder verkauft Bilder in Microstockagenturen. Man schießt, speichert und teilt Unmengen von Bildmaterial. Aber darf man alles, nur weil man der Bildautor ist? Dieser Artikel soll ein wenig Klarheit in die komplexe Welt des Bildrechts bringen.

Noch vor zwei Jahrzehnten beschäftigten sich höchstens Profifotografen, Fotojournalisten und Juristen mit dem Thema. Wer privat analog knipste, wurde höchstens durch spezielle Beschilderung ermahnt, wo nicht fotografiert werden durfte. Etwa in der Nähe von militärischen Anlagen, auf dem Betriebsgelände vieler Produktionsstätten oder in einigen Museen. Was man heute darf oder nicht darf, obwohl fast jeder mit einer Quasi-Spionkamera ausgerüstet ist, ist weit verworrener. Ein kleines Avatarbild bei Facebook von einer fremden Webseite oder ein Produktbild bei eBay von einem anderen Verkäufer kann bereits hohe Abmahngebühren nach sich ziehen. Zudem bewegt man sich im Netz international. Wenn in einer russischsprachigen Fotocommunity es völlig ok ist, Paparazzobilder halbnackter Frauen hochzuladen, so ist es in Deutschland tabu. Man hat jene Gesetze zu befolgen, wo man sich physisch aufhält und nicht unbedingt jene, wo man digital unterwegs ist.

Nachfolgend ist übersichtshalber eine überschaubare Ampelauflistung über erlaubte, unerlaubte und grenzwertige Situationen, die das Schießen und insbesondere Verbreiten von Fotos nach sich ziehen kann.

Dieser Beitrag soll keineswegs als Rechtsberatung verstanden werden. Ich bin nicht im Rechtswesen tätig und darf und will deswegen keine rechtliche Beratung abgeben. Dieser Beitrag soll lediglich eine Diskussion zu der Thematik anregen. Fehler und Irrtümer sind vorbehalten.

Situation/Motiv Shooting Besitz Verbreitung (im privaten Umfeld) Verbreitung (öffentlich)
Personenaufnahmen (Privater Umfeld) [1]
Familienfoto, Familienfeier, Gruppenfoto, Foto einer einzelnen Person ja ja ja mit Einwilligung
Aktbild einer Person mit Einwilligung mit Einwilligung mit Einwilligung mit Einwilligung
Aufnahme vom eigenen Kind ja ja ja mit Einwilligung (der erziehungsberechtigten Person)
Nacktaufnahme vom eigenen Kind (z. B. Strandfoto) ja ja mit Einwilligung (der erziehungsberechtigten Person) NEIN
Personenaufnahmen (fremde Personen)
Studioaufnahme ja ja mit Einwilligung mit Einwilligung
Studioaufnahme Akt ja nach Vereinbarung mit Einwilligung mit Einwilligung
Streetfotografie (keine Person hervorgehoben) ja ja ja ja
Streetfotografie (Person im Fokus) ja ja ja strittig
Heimliche Fotografie (z. B. Teleaufnahmen von Personen auf dem Strand) NEIN ? [6]
NEIN NEIN
Heimliche Fotografie (Paparazzoaufnahmen von in öffentlichkeit stehenden Personen (Prominenten))“ ja ja ja ja
Architektur (außen) [2]
Öffentliche Bauwerke ja ja ja ja
Privategebäude ja ja ja ja
Architektur (innen)
Öffentliche Gebäude unter Vorbehalt ja ja unter Vorbehalt
Privategebäude [3] mit Einwilligung ja mit Einwilligung mit Einwilligung
Gelände
Öffentliches Gelände ja ja ja ja
Privatgelände [3] mit Einwilligung mit Einwilligung mit Einwilligung mit Einwilligung
Sachgegenstände
Produkte mit Logo ja ja ja privat ja, kommerziell mit Einwilligung
Produkte ohne Logo (erkennbar am Design) [4] ja ja ja privat ja, kommerziell mit Einwilligung
Produkte ohne Logo (am Design nicht identifizierbar) [5] ja ja ja ja
Haustiere ja ja ja ja

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Fußnoten

[1] Bei Personen gilt generell das Recht am eigenen Bild.

[2] Ein Report des Europaparlamentes will die bestehende Panoramafreiheit revidieren. Das heißt, dass für Fotos, die im öffentlichen Raum von geschützten Werken wie Skulpturen oder Bauwerken, theoretisch vom Urheber eine Genehmigung eingeholt werden muss, wer diese Fotos (kommerziell) publizieren will. Das heißt, bereits auf einer kommerziellen Plattform wie Facebook zu teilen.

[3] Logisch und eindeutig ist diese Regelung für mich z. B. bei Privatgrundstücken und den eigenen vier Wänden. Gilt sie dann aber auch noch für ein privates Waldgrundstück, wo ich spazieren gehe? Viele Fotos sind heute mit Geotagging versehen. Bei dem Fotoportal Flickr gibt es eine Funktion „In der Nähe suchen“. Ich schieße demnach ein Foto in jemands Wald, wo halt ein bestimmter Teil der Topografie erkennbar ist. Der Besitzer entdeckt zufällig das Bild und kommt zu mir mit ausgestreckter Hand „Geld her“. Fragezeichen.

[4] Erkennbar am Design bedeutet, dass man ein bestimmtes Produkt am Aussehen eindeutig identifizieren kann. Z. B. die Karrosserieform einer bestimmten Automarke.

[5] Produkte und Gebrauchsgegenstände, die man äußerlich nicht mit einer Marke assoziiert. Z.B. gewöhnliches Essbesteck.

[6] Man könnte meinen, wenn man schon nicht fotografieren darf, darf man auch kein Bild besitzen. Juristerei ist nicht immer mit Logik vereinbar. Wie war das nochmal mit Haschisch? Man darf es zwar besitzen (eine kleine Menge), aber nicht legal erwerben können.

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